Gestern Abend hatte ich das Vergnügen, einen Vortrag von Gunter Dueck zu hören, vormals Chief Technology Officer bei IBM und selbstgewählter Querdenker. Sehr unterhaltsam, sehr zu empfehlen, falls Sie einmal die Möglichkeit haben sollten.
An einer Stelle hatte ich einen Aha-Effekt, den ich gerne teilen möchte. Gunter Dueck wurde gefragt, wie man denn seinen Mitarbeitern glaubhaft sagen kann, <sic!> „dass sie Fehler machen und auch einmal scheitern dürfen“. Seine Antwort mit meinen Worten ausgedrückt: die Frage ist schon falsch gestellt. Sprechen Sie überhaupt gar nicht von „Fehler machen“ und „Scheitern“, sondern von „Experimentieren“ und „aufhören, sollte es nicht funktionieren“.
Fehler, Scheitern, Missgriff, Fehltritt, Misserfolg, Misslingen, Fehlschlag, Versagen, das sind alles negative Begriffe, in Kategorien von Schwarz und Weiß, von richtig und falsch. Diese sind in einer Lernenden Organisation (sofern Sie eine solche wirklich haben wollen) fehl am Platz. Dabei geht es nicht um sprachliche Diplomatie oder Wattebäusch’chen-Kommunikation. Nein, es geht um meine innere Einstellung, dass ich sofort und grundsätzlich aufhöre, Nichtfunktionieren als Scheitern zu betrachten.
Wenn ich wirklich möchte, dass meine Mitarbeiter innovativ denken und handeln, neue Wege gehen, Neues ausprobieren, dann bedeutet das zwangsläufig, dass dies manchmal funktioniert … und manchmal eben nicht. Da ist das Eine nicht richtig und das Andere nicht falsch. Man probiert etwas aus. Wenn es tut, ist man einen Schritt weiter. Und wenn man merkt, dass es nicht so tut wie erwartet, dann hört man eben auf, lernt daraus, probiert etwas anderes und ist ebenfalls einen Schritt weiter. Beides ist gut. Das ist, was Gunter Dueck mit „Experimentieren“ bezeichnet.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ja, es gibt selbstverständlich auch echte Fehler. Das ist in Gunter Duecks Worten „fehlerhaftes Experimentieren“, also beispielsweise schlechte Planung, nachlässige Vorbereitung und Ignoranz gegenüber Tatsachen. In meinen Worten, vorhersehbares Scheitern durch Faulheit oder Dummheit. Das darf man meiner Meinung nach auch weiterhin deutlich als Fehler ansprechen und bezeichnen.
Aber nie, nie, nie … niemals(!) … darf ich ein Umfeld schaffen, in welchem experimentierende Mitarbeiter an dem Punkt, wo sie feststellen, dass es nicht funktioniert und sie aufhören sollten, weitermachen, um nicht zu „scheitern“. Das kann reines Bauchgefühl sein. Aber falls es existiert, ist es ein Gefühl, welches alleine Vorgesetzte und Management schaffen und erzeugen … oder eben – besser – nicht. Das liegt in Ihrer Hand und unter Ihrer vollen Kontrolle.
Fazit: Sagen Sie Ihren Mitarbeitern, dass die experimentieren sollen, und einfach aufhören, wenn etwas sich nicht so entwickelt, wie erwartet. Dass dies gut ist. Das ist echte Lernkultur, das bringt Weiterentwicklung, das ist besser als „Fehler“kultur … das ist Experimentierkultur.
Zum Weiterlesen …
- Omnisophie.com, Webseite und Blog von Gunter Dueck
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