Ich verlasse mich oft sehr selbstbewusst auf mein Elefantengedächtnis. Ich weiss immer noch ganz genau wie eine Situation war, was jemand gesagt hatte, was ich beobachtet oder gelesen hatte. Da lasse ich mir so schnell nichts Gegenteiliges erzählen. Vieles ist mir in meiner Erinnerung noch ganz klar vor Augen, als ob es eben gerade erst passiert wäre. Ich kann mich fest auf mein Gedächtnis verlassen!
Dachte ich zumindest.
Aber wie zuverlässig sind meine Erinnerungen wirklich?
DIE WELT berichtet über eine Studie israelischer und englischer Neurobiologen am Weizmann-Institut in Revohot. Danach beeinflussen sozialer Druck und eine Art „kollektives Gedächtnis“ offensichtlich meine individuellen Erinnerungen, und können diese tatsächlich langfristig verfälschen.
„Wir unterscheiden zwei Arten der Anpassung“, erklärte Micah Edelson, Vertreter des Forscherteams. „Die eine ist öffentlich, etwa, wenn Menschen ihre Meinung anpassen, um nicht als Außenseiter dazustehen. Sie übernehmen die Informationen der anderen nur vordergründig. Im Gedächtnis bleibt die eigene Erinnerung gespeichert. Die andere Art der Anpassung ist die persönliche: Hier verändert der soziale Druck tatsächlich die persönliche Erinnerung.“
Ungefähr 70% der Teilnehmer der Studie passten ihre eigenen, richtigen Erinnerungen den von den Wissenschaftlern manipulierten, falschen der Gruppe an. Das ist eigentlich schon erschreckend genug. Aber als die Wissenschaftler den Probanden dann erklärten, dass die „Erinnerungen der Anderen“ von Computern gefälschte waren, kehrten nur 30% zu den ihren eigenen, ursprünglichen, richtigen zurück. Bei allen anderen hatten sich die verfälschten Erinnerungen im Gedächtnis verfestigt. Die scheinbar kollektive Erinnerung der Gruppe war zu ihrer eigenen geworden. Falsche (Gruppen)Informationen können also eigene, eigentlich richtige Erinnerungen regelrecht „überschreiben“.
Fazit: Geteilte Erinnerungen werden zu gemeinsamen Erinnerungen. Und die sind nicht unbedingt die richtigen, selbst wenn die Mehrheit davon überzeugt ist.
Meine Erinnerungen scheinen also unbewusst beeinflussbar und daher möglicherweise auch einmal trügerisch zu sein. Zumal sein gutes Gedächtnis dem Elefanten ohnehin nicht hilft, falls er sich mal in einen Porzellanladen verirren sollte …
First publication by VELTENSicht blog
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